Tochter Zion
(Ev. Gesangbuch, Nr. 13)
Es ist eines der Lieder, die durch die ganze Adventszeit bis sogar zum Heiligen
Abend klingen.
Dass die Melodie älter ist als der Text, liegt daran, dass der Händel-Liebhaber
Friedrich Heinrich Ranke den Text zu einem der damals üblichen literarischmusikalischen
Salons verfasste. Er nahm die bekannte Hymne von Händel und
fasste seine Erwartung auf Weihnachten in Worte: „Tochter Zion“ – „freue dich“ –
„Dein König kommt“: Segen und Frieden gehen über allen auf.
Ranke beschreibt in klingenden Worten, dass wir Weihnachten nicht machen
können, sondern mit uns Weihnachten wird, wenn wir das Geschenk der
Weihnacht leben.
Ähnlich ging es vielleicht auch Dietrich Bonhoeffer, als er 1943 im Gefängnis war
und an seine Verlobte Maria von Wedemeyer schrieb: „Wenn du den Brief
kriegst, ist wohl schon der Advent da, eine Zeit, die ich besonders liebe. Weißt
du, so eine Gefängniszelle, in der man wacht, hofft, dies und jenes – letztlich
Nebensächliche – tut, und in der man ganz darauf angewiesen ist, dass die Tür
der Befreiung von außen aufgetan wird, ist gar kein so schlechtes Bild für den
Advent.“ – Trost und Hoffnung bei Gott suchen, Warten auf Befreiung. Auf
etwas, das nur geschenkt werden kann – wirklich kein schlechtes Bild.
Tochter Zion ist eine jüdische Bezeichnung für die Kinder Gottes, für die, die auf
Gott warten. Und jetzt ist die Zeit: „Dein König kommt zu dir“ – die Hoffnung
erfüllt sich. Darum die Freude – melodisch zu spüren: freu-heu-heu-heu-heu-e
Dich / ja-ha-ha-ha-hauch-ze ... Jeder Ton bringt die Freude zum Ausdruck und
lässt sie spürbar werden. „Tochter Zion“ – heute sitzen wir hier mit unseren
Sehnsüchten und Hoffnungen. Und wie geht es uns – heute? Fühlen wir uns fern
von Gott? Hoffen wir (noch) auf Gott? Sind wir bereit für das Kommen?
Gut, dass das Lied seinen Weg aus dem Salon in Göttingen heraus bis in unser
Gesangbuch gefunden hat. Grund dafür sind sicher auch die beiden Bibelstellen,
die Friedrich Heinrich Ranke hier verarbeitet: Die erste Strophe entspricht
nahezu wörtlich den Worten des Propheten Sacharja: „Du, Tochter Zion, freue
dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir.“
Verbunden werden diese Worte mit dem Rückgriff auf den Propheten Jesaja:
„Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft
ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater,
Friede-Fürst.“ So steht uns mit dem Lied das Geschenk wirklich vor Augen. Wir
müssen nur noch das Freu-heu-heu-heu-heu-en üben.
Ein Zuspruch:
Freu-heu-heu-heu-heu-e Dich, Gott ist Mensch geworden.
Freu-heu-heu-heu-heu-e Dich, dass Gott Dir den Himmel öffnet.
Freu-heu-heu-heu-heu-e Dich,
dass Jesus den Weg zum ewigen Leben aufschließt.
Freu-heu-heu-heu-heu-e Dich darüber,
dass Weihnachten ein Geschenk und eine Zeit des Miteinanders ist.
Freu-heu-heu-heu-heu-e Dich,
dass Gott den Weg mitgeht – dass Gott immer bei Dir ist.
Amen.
Ilona Klaus
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