Evangelische Johannes-Kirchengemeinde Lüdenscheid
Adventskalender
Hier finden Sie täglich eine kurze Andacht zu Weihnachtsliedern, die die Alten(heim)seelsorge der Evangelischen Kirche von Westfalen zur Verfügung stellt. Frederik Rudzio hat die jeweiligen Lieder auf der Orgel der Johanneskirche mit Gesang eingespielt. Viel Freude daran! Der Text befindet sich unterhalb des Videos!

Bleiben Sie behütet und gesund!
Kommet, ihr Hirten
(Ev. Gesangbuch, Nr. 48)

Der kleine Hirte

Er ist ein kleiner Hirte. Schon lange ist er alt genug, um auf die Schafe aufzupassen. Schon lange ist er mit den anderen Hirten unterwegs. Er denkt nicht viel darüber nach, ob sein Leben auch anders verlaufen könnte. Er liebt es, den Schafen beim Blöken zuzuhören. Er liebt es, ein Liedchen auf einem Grashalm zu pfeifen. Er ist kein Hirte der vielen Worte. Abends legt er sich müde und zufrieden auf sein Lager.

Vorm Schlafengehen sitzen die Hirten am Feuer. Der kleine Hirte ist auch dabei. Oft erzählen sie dann die Geschichte von den Hirten auf dem Feld. Damals vor vielen, vielen Jahren soll es geschehen sein. Der kleine Hirte kann die Geschichte nicht oft genug hören: vom Engel, der da nachts auf das Feld kam. Alles soll plötzlich hell gewesen sein. Der Engel sprach von einem Kind, einem neuen König, von Gott selber gesandt, vom Frieden auf Erden. Die Hirten liefen los und waren die ersten, die diesem König ihre Aufwartung machten.

Wie gerne wäre der kleine Hirte dabei gewesen. Wenn er die Geschichte hört, ergreift ihn tiefer Stolz, dass es gerade Hirten waren, die etwas so Besonderes erleben durften.

Aber Eines macht dem kleinen Hirten zu schaffen. Jedes Mal, wenn die Geschichte genug erzählt ist, wird es erst ganz still am Feuer, und dann fangen alle an zu singen. Sie singen ihr Hirtenlied. Raue Stimmen klingen weit durch den Abend: „Kommet, ihr Hirten, ihr Männer und Frau’n, kommet das liebliche Kindlein zu schau’n.“

Der kleine Hirte ist nur ein kleiner Hirte. Obwohl er alle Schafe kennt und so schön auf einem Grashalm pfeifen kann, gelingt ihm Eines nicht so gut: Er kann sich keine langen Sätze merken. Jedes Mal bringt er den Text des Hirtenliedes durcheinander. Und das ist ihm sehr unangenehm. Am liebsten würde er sich vom Feuer davonschleichen.

Eines Abends kommt ihm die rettende Idee. Er beschließt, immer nur das Ende von jeder Strophe mitzusingen. Denn das kann er sich merken:
Fürchtet euch nicht!
Halleluja!
Ehre sei Gott!
Je öfter der kleine Hirte das Lied auf seine Weise mitsingt, desto mehr kommt es ihm vor, als erstrahlte in diesen wenigen Worten die gan- ze geheimnisvolle Geschichte von den Hirten und dem Kind im Stall. Es ist fast so, als sei er selbst dabei gewesen.

Wir beten:
Gott, wir danken dir für alle Geschichten und Lieder, die uns berühren. Wie die Hirten wollen wir uns immer wieder von dem Engel und dem Kind im Stall erzählen. Wir bitten dich um Frieden und loben dich für deine Gegenwart.
Amen.

Inga Schulze-Steinen