Evangelische Johannes-Kirchengemeinde Lüdenscheid
Adventskalender
Hier finden Sie täglich eine kurze Andacht zu Weihnachtsliedern, die die Alten(heim)seelsorge der Evangelischen Kirche von Westfalen zur Verfügung stellt. Frederik Rudzio hat die jeweiligen Lieder auf der Orgel der Johanneskirche mit Gesang eingespielt. Viel Freude daran! Der Text befindet sich unterhalb des Videos!

Bleiben Sie behütet und gesund!
Es kommt ein Schiff, geladen
(Ev. Gesangbuch, Nr. 8)

Heute begegnet uns der Bericht einer heute 60-jährigen Frau, die von ihren Kindheitserinnerungen zu unserem Adventskalender-Lied erzählt:

Ihre Mutter, so berichtet sie, war eine Meisterin im Sparen. Bei ihr zu Hause gab es keinen Adventskranz. Aber für 1.-DM ein paar Tannenzweige – das war drin. Und dieser Weihnachtsstrauß wurde mit Sternen, Mond, Engeln und – sehr außergewöhnlich – einem kleinen Schiff geschmückt. Eine Walnussschale mit Mast, rot-weißer Flagge und goldenen Segeln. Dieses kleine Schiff an den Zweigen hat die Frau schon als Kind fasziniert. Vielleicht liebt sie deshalb dieses uralte Adventslied: „Es kommt ein Schiff, geladen“.

Ein Schiff, beladen – das ist mehr als eine Erwartung, das ist ein Versprechen. Schiffe wecken Sehnsucht in uns. Schiffe verbinden Welten. Wenn man z. B. in Cuxhaven an der Nordsee steht, dann kann man stundenlang gucken, wie die großen Containerschiffe Richtung Hamburger Hafen gleiten. Was haben sie alles geladen? Woher kommt die Fracht? Wer braucht das alles? Wer steht am Kai und erwartet das Schiff? – Wen oder was erwarten wir im Advent?

Advent – eine Wartezeit. Warten auf das Ereignis von Bethlehem, Warten auf die Geburt des Sohnes Gottes.

Die ersten Töne dieses Liedes fangen ganz tief an. Sie lassen das Schiff auf ganz sanften Wellen schaukeln. Summen Sie mal, dann merken Sie es. Von der Melodie geht erst einmal eine Ruhe aus, eine ganz große Gelassenheit. Das Gegenteil von der Hektik draußen kurz vor vor dem Heiligen Abend. Ein Schiff mit Mast und Segel in der Adventszeit? Ein befremdliches Bild für uns heute.

Damals, als dieses Lied vor knapp 700 Jahren entstand, hat man es verstanden: das beladene Schiff als Bild für Maria. Ein Marienlied. Eine hochschwangere junge Frau. Wer von uns Schwangerschaften durchgemacht hat, der weiß es noch: in den letzten Wochen vor der Entbindung fühlte man sich ähnlich wie ein schwer beladenes Schiff. Da schleppte man sich nur noch durch die Gegend und wartete, in den Hafen – in den Kreißsaal – einlaufen zu dürfen.

In den ersten 3 Strophen geht es um das Schiff. Das Schiff muss angelegt haben, denn plötzlich sind wir in Bethlehem. Bethlehem – das ist der Berührungspunkt von Wasser und Land – von Höhen und Tiefen – von Gotteslob und menschlicher Verlorenheit.

In Bethlehem berühren sich Himmel und Erde. In diesem uralten Lied sind Advent – die ersten 3 Strophen – und Weihnachten – Strophe 4 bis 6 – ganz eng beieinander. Der Sohn kommt. Wir sind eingeladen, über die Schwelle des Stalls von Bethlehem zu treten und ganz nah an die Krippe zum Kind zu gehen.

Wir beten:
Gnädiger Gott, in dieser Adventszeit sind auch wir beladen. Aber wir sind beladen mit Sorgen und Ängsten, mit dem Gefühl der Einsamkeit und Verlassenheit. Es ist schwer, in dieser so ganz anderen Adventszeit auf das Feiern des Kommens deines Sohnes zu warten. Nimm bitte weg, was uns alle belastet, hilf uns, das Schwere zu tragen, damit wir dennoch ein frohes Weihnachtsfest feiern können.
Amen.

Ellen Härtel